In Deutschland macht die Baubranche einen Großteil des ökologischen Fußabdrucks. So entfallen laut NABU rund 30 Prozent der CO2-Emissionen auf den Bau und die Nutzung von Gebäuden. Für die Klimawende ist es demnach unabdingbar, hier anzusetzen.
Nachhaltig Bauen umfasst eine Vielzahl von Aspekten, von der Auswahl umweltfreundlicher Baustoffe über die Energieeffizienz bis hin zur sozialen Verantwortung. In diesem Artikel betrachten wir detailliert, was nachhaltiges Bauen bedeutet, welche Kriterien dabei eine Rolle spielen, und wie konkrete Beispiele diesen Ansatz veranschaulichen.
Was bedeutet nachhaltiges Bauen?
Nachhaltiges Bauen geht über die einfache Errichtung energieeffizienter Gebäude hinaus. Es umfasst einen ganzheitlichen Ansatz, der ökologische, ökonomische und soziale Aspekte integriert. Ziel ist es, die Ressourcen unserer Erde zu schonen und gleichzeitig eine hohe Lebensqualität für die Bewohner sicherzustellen.
Ein zentraler Bestandteil dieses Ansatzes ist das „Drei-Säulen-Modell“ der Nachhaltigkeit, das ökologische, ökonomische und sozio-kulturelle Faktoren miteinander verbindet. Dies bedeutet, dass nicht nur die Umweltbelastungen minimiert, sondern auch wirtschaftliche Effizienz und soziale Verantwortung berücksichtigt werden müssen.
Beispiele für nachhaltiges Bauen
Ein Beispiel für nachhaltiges Bauen ist das „Aktivhaus B10“ in Stuttgart, das mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. Das Ökohaus ist vollständig energieautark und zeigt, wie fortschrittliche Technologien wie Photovoltaik, Batteriespeicher und intelligente Steuerungssysteme zur Reduktion des Energieverbrauchs und zur Erhöhung der Nachhaltigkeit beitragen können.
Ein weiteres Beispiel ist der „Woodcube“ in Hamburg, ein komplett aus Holz gebautes Mehrfamilienhaus. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der CO2 bindet und im Vergleich zu anderen Baumaterialien wie Beton eine deutlich bessere Umweltbilanz aufweist.
Ökologische Qualität
Die ökologische Qualität eines Gebäudes wird maßgeblich durch die Reduzierung seines Energieverbrauchs bestimmt. Dies beginnt bereits bei der Planung, indem passive Strategien zur Minimierung des Energiebedarfs genutzt werden. Dazu gehören Maßnahmen wie eine optimale Ausrichtung des Gebäudes, die Nutzung natürlicher Beleuchtung und die Maximierung des baulichen Wärmeschutzes.
Effektiver Wärmeschutz
Ein effektiver Wärmeschutz ist unerlässlich, um den Heiz- und Kühlbedarf eines Gebäudes zu senken. Hierzu zählen gut isolierte Wände, Fenster mit Mehrfachverglasung und eine durchdachte Gebäudedämmung. Hier kommen zunehmend auch natürliche Dämmstoffe wie Hanf oder Holzfasern zum Einsatz.
Ein Beispiel hierfür ist die „Passivhaus“-Technologie, bei der durch hohe Dämmstandards und eine kompakte Bauweise der Energieverbrauch drastisch reduziert wird. Passivhäuser kommen mit einem Bruchteil der Energie aus, die herkömmliche Gebäude benötigen, und tragen so erheblich zur Ressourcenschonung und Reduzierung von CO2-Emissionen bei.
Nutzung erneuerbarer Energien
Der Einsatz erneuerbarer Energien ist ein weiterer wichtiger Aspekt der ökologischen Qualität. Photovoltaikanlagen auf dem Dach, Erdwärmepumpen zur Beheizung oder Solarkollektoren zur Warmwasseraufbereitung sind nur einige der Technologien, die zur Reduktion des fossilen Energieverbrauchs beitragen. So kann beispielsweise ein gut konzipiertes Niedrigenergiehaus, das Photovoltaik und Wärmepumpen nutzt, einen Großteil seines Energiebedarfs aus regenerativen Quellen decken.
Nachhaltige Baustoffe
Die Wahl der richtigen Baustoffe ist ein Schlüsselfaktor für nachhaltiges Bauen. Naturbaustoffe wie Holz, Lehm und Naturstein bieten sich besonders an, da sie in der Regel nachwachsend, lokal verfügbar und leicht recycelbar sind. Zudem tragen sie durch ihre geringen Herstellungsenergien und Emissionen zu einer positiven Umweltbilanz bei.
Holz als nachhaltiger Baustoff
Holz ist einer der nachhaltigsten Baustoffe überhaupt. Es bindet während seines Wachstums CO2 und kann nach dem Ende seiner Nutzungsdauer recycelt oder energetisch verwertet werden. Ein Beispiel für den Einsatz von Holz ist der „HoHo Tower“ in Wien, eines der höchsten Holzgebäude der Welt. Der Einsatz von Holz als Hauptbaumaterial reduziert den CO2-Ausstoß während der Bauphase erheblich und sorgt für ein angenehmes Raumklima.
Alternative Baustoffe
Neben Holz gewinnen auch andere alternative Baustoffe an Bedeutung. Beispielsweise kommen immer häufiger Dämmstoffe aus Hanf oder Schafwolle zum Einsatz, die ebenfalls hervorragende Wärmedämmwerte besitzen und gleichzeitig biologisch abbaubar sind. Auch Recycling-Beton, der aus wiederverwertetem Abbruchmaterial besteht, ist ein interessanter Ansatz, um die hohen CO2-Emissionen der herkömmlichen Betonproduktion zu vermeiden.
Bauens mit Zukunft
Nachhaltiges Bauen ist ein integraler Bestandteil der Klimaschutzstrategie Deutschlands. Die Bundesregierung hat das Ziel, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu machen. Dieses Ziel erfordert eine tiefgreifende Transformation des Bauwesens, einschließlich der energetischen Sanierung bestehender Gebäude und der Errichtung neuer, nachhaltiger Bauwerke.
Zukunftsweisende Baukonzepte
Ein zukunftsweisendes Konzept im nachhaltigen Bauen ist das „Cradle to Cradle“-Prinzip, bei dem Materialien so ausgewählt und verbaut werden, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus ohne Qualitätsverlust wiederverwendet oder vollständig recycelt werden können. Das „Venlo City Hall“ in den Niederlanden ist ein Beispiel für ein Gebäude, das nach diesem Prinzip errichtet wurde und bei dem alle verwendeten Materialien entweder biologisch abbaubar oder technisch wiederverwertbar sind.
Sozio-kulturelle und funktionale Qualität
Die sozio-kulturelle und funktionale Qualität eines Gebäudes ist entscheidend für dessen Akzeptanz und Nutzung. Nachhaltige Gebäude müssen daher nicht nur umweltfreundlich, sondern auch komfortabel und gesund für ihre Bewohner sein. Dies beinhaltet Aspekte wie Luftqualität, Tageslichtnutzung und Lärmschutz, die alle zur Lebensqualität beitragen.
Gesundheit und Wohlbefinden
Ein gesundes Raumklima ist ein wichtiger Bestandteil nachhaltiger Bauweise. Hierzu zählt die Vermeidung von Schadstoffen in Baumaterialien sowie die Sicherstellung einer guten Luftqualität durch den Einsatz von natürlichen Lüftungssystemen und schadstofffreien Materialien. Ein Beispiel ist die Verwendung von Lehmputz, der nicht nur Feuchtigkeit reguliert, sondern auch Schadstoffe aus der Luft bindet.
Nutzerfreundlichkeit und Flexibilität
Nutzerfreundlichkeit und Flexibilität sind ebenfalls wichtige Kriterien. Gebäude sollten so gestaltet sein, dass sie sich an wechselnde Bedürfnisse anpassen lassen. Das „LifeCycle Tower“ Konzept in Österreich setzt hier Maßstäbe, indem es modulare Bauweise und flexible Raumgestaltung miteinander kombiniert, um eine langfristige Nutzbarkeit sicherzustellen.
Bewertungssysteme und Kriterien
In Deutschland spielen Zertifizierungssysteme eine wichtige Rolle bei der Bewertung und Förderung nachhaltigen Bauens. Das bekannteste System ist die Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Es bewertet Gebäude nach umfassenden Kriterien, die ökologische, ökonomische und soziokulturelle Aspekte berücksichtigen.
DGNB-Zertifizierung
Die DGNB-Zertifizierung ist ein umfassendes Bewertungssystem, das Nachhaltigkeit ganzheitlich betrachtet. Gebäude werden nach einem Punktesystem bewertet, das verschiedene Nachhaltigkeitskriterien einbezieht. Dabei werden nicht nur die Umweltauswirkungen, sondern auch die Lebenszykluskosten und die Nutzerzufriedenheit bewertet. Ein „Platin“-Zertifikat der DGNB ist ein Zeichen für höchste Nachhaltigkeitsstandards.
Weitere Zertifizierungssysteme
Neben der DGNB gibt es auch andere Zertifizierungssysteme wie LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) und BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method), die international anerkannt sind. Diese Systeme bieten vergleichbare Bewertungsmaßstäbe und fördern den globalen Austausch von nachhaltigen Baupraktiken.
Nachhaltig bauen in der Praxis
Die praktische Umsetzung von nachhaltigem Bauen erfordert eine sorgfältige Planung und oft auch höhere Investitionen. Die Mehrkosten amortisieren sich jedoch langfristig durch geringere Betriebskosten und einen höheren Wiederverkaufswert der Immobilie. Wichtig ist, dass Bauherren sich frühzeitig über nachhaltige Optionen informieren und gegebenenfalls staatliche Förderungen in Anspruch nehmen.
Kosten und Nutzen
Die initialen Kosten für nachhaltige Materialien und Technologien können höher sein als bei konventionellen Bauweisen. Allerdings amortisieren sich diese Investitionen durch niedrigere Betriebskosten, insbesondere bei Energie und Wasser. Zudem profitieren Bauherren von Förderprogrammen wie der KfW-Förderung für energieeffizientes Bauen und Sanieren.
Fördermöglichkeiten
Es gibt zahlreiche Fördermöglichkeiten, die nachhaltiges Bauen unterstützen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet zinsgünstige Kredite und Zuschüsse für Bauprojekte, die hohe Energiestandards erfüllen. Auch die BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) fördert die Nutzung erneuerbarer Energien, was den Bau eines nachhaltigen Hauses finanziell attraktiver macht.
Der Weg zum nachhaltigen Gebäude
Nachhaltiges Bauen erfordert eine ganzheitliche Betrachtung aller Phasen eines Bauprojekts – von der Planung über die Bauausführung bis hin zur Nutzung und zum späteren Rückbau. Die Prinzipien der Nachhaltigkeit sind dabei nicht nur eine Leitlinie, sondern ein notwendiger Standard, um die Qualität und Zukunftsfähigkeit unserer gebauten Umwelt zu sichern. Innovative Projekte und die Verbreitung von Wissen und Best Practices werden dabei eine zentrale Rolle spielen, um nachhaltiges Bauen zur Norm zu machen.